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Energiezukunft

Vorbild aus der Arktis

16.10.2019
 

Wie kaum ein anderes Lebewesen ist dieses Tier zum Symbol des menschengemachten Klimawandels geworden. Doch zugleich steht es Pate für Technologien, die das Klima schonen. Sein Fell ist nämlich einzigartig und dient als Vorlage für solarthermische Anwendungen.

Natur inspiriert Technik: So lässt sich die Bionik mit einfachen Worten erklären – also die Wissenschaft, die technische Fragestellungen versucht mit biologischen Vorbildern zu lösen. Dabei arbeiten Biologen eng etwa mit Ingenieuren, Architekten oder Materialforschern zusammen. Gleich mehrfach diente ihnen bereits der Eisbär als Inspirationsquelle. Die rutschfeste Sohle seiner Tatzen zum Beispiel nutzen Entwickler als Vorlage für die Beschaffenheit von Winterreifen, die besondere Beschaffenheit seines Fell wiederum hat sein Pendant in luftgepolsterter Hightech-Outdoor-Kleidung.

KLIMASCHUTZTECHNIK NACH EISBÄRENART

Auch einige Klimaschutztechnologien für Gebäude ahmen die Tricks des Arktisbewohners nach – insbesondere seine Wärmedämmung, die er den solarthermischen Eigenschaften seines Pelzes verdankt. Eisbären leben unter extremsten Witterungsbedingungen, sie halten selbst tiefste Minustemperaturen aus und können stundenlang in eiskaltem Wasser schwimmen. Möglich macht das ihr dichtes, gelblich-weißes Fell, unter dem sich eine schwarze Epidermis und eine Fettschicht zur Wärmedämmung befinden. Obwohl die Haare weiß-gelblich schimmern, sind sie farblos. Dadurch leiten sie einen Teil des Sonnenlichts an die schwarze Oberhaut – solare Strahlung wird dabei in Wärmeenergie umgewandelt. Manche Experten sprechen in diesem Zusammenhang vom Sonnenkollektor im Eisbärenfellformat.

Am Institut für Textil- und Verfahrenstechnik in Denkendorf bei Stuttgart etwa arbeiten die Forscher seit vielen Jahren mit dem arktischen Vorbild aus der Natur – und entwickelten die sogenannte transparente Wärmedämmung. Dabei handelt es sich um ein wärmeisolierendes Material auf textiler Basis, das sich zum Beispiel dafür eignet, Sonnenkollektoren abzudecken. Die lichtdurchlässige, speziell beschichtete Oberseite leitet das Sonnenlicht weiter. Eine dunkle, absorbierende Schicht an der Unterseite unterstützt die Wärmegewinnung. Für Furore sorgte die Denkfabrik vor einiger Zeit außerdem mit ihrem Eisbärpavillon – einem energieautarken, textilen Membranbau, der bis voriges Jahr auf dem Gelände stand. Einfallendes Sonnenlicht traf dort auf einen luftdurchströmten Solarkollektor, der außerdem als effizienter Energie-Wärmetauscher diente. Die unterste Lage bestand aus einem schwarz beschichteten Textilgewebe, dem Absorber, der die Energie aufnahm. Als Nachfolgeprojekt steht aktuell die Integration eines Langzeit-Wärmespeichers auf der Agenda, der in die textile Membran integriert werden soll. Warme Sommerluft gelangt so in ein Langzeit-Speichersystem mit Silikagel, in dem sie bis in die Winterzeit hinein „gelagert“ wird. Eine weitere Schicht in der Gebäudehülle sorgt für eine hohe Wärmedämmung nach außen – zuständig für das Fernhalten der Winterkälte.

 

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